Inzwischen macht sich auf den Aktienmärkten die Sorge breit, die Aktien könnten inzwischen schon ein wenig hoch bewertet sein. Spiegel online kolportiert bezugnehmend auf Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, wir würden es mit drei „U” zu tun bekommen! Um das zu erklären: Leute, die zu viel mit Geld zu tun haben, sehen Buchstaben in den Börsenkursen. Manche glauben, die Aktienindizes würden in dieser Krise wie ein „V” verlaufen, andere erwarten einen zweiten Einbruch, so dass man hinterher sowas ein „W” erkennen kann. Manche glauben, es werde bei einem Einbruch bleiben, der aber lange anhalte. Das bezeichnen sie dann als „U”. Walter glaubt nun, dass es auf drei „U” hinauslaufen werde. Wer sich Walters Optimismus zueigen machen möchte, der spreche das einfach mal aus: „Uuu!”
Was ist dran an Walters Sorgen? Nach seiner Darstellung befinden wir uns im rechten Teil des ersten „U”. Das nächste „U”, also den nächsten Einbruch, erwartet er infolge steigender Arbeitslosenzahlen. Das würde mich überraschen. Entlassungen werden eigentlich immer als gute Nachrichten für die Unternehmen bewertet, die damit ihre Kostenstruktur bereinigen. Das führt zu steigenden Aktienkursen. Natürlich wirken sich steigende Arbeitslosenzahlen negativ auf die Nachrfage nach Konsumgütern aus. Nur hat der Konsumweltmeister USA den Arbeitsplatzabbau weitestgehend hinter sich. In Europa sind die Sozialsysteme in der Lage, den Nachfragerückgang zu dämpfen. Deutschland als exportorientiertes Land wird dadurch ohnehin weniger betroffen sein.
Das dritte U erwartet Walter, wenn die Zentralbanken die Geldmenge wieder reduzieren. Sowas hatten wir schon mal. Beim letzten mal hat das dazu geführt, dass amerikanische Häuslebauer ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen konnten. Das war der erste Strich des Börsenbuchstaben, den wir gerade malen. Wenn wir die Zinswende sehen, können wir getrost von einem neuen Konjunkturzyklus (für Analysten: Chartbuchstaben) sprechen.
In einer Sache schließe ich mich Walters Prognosen an: Ich erwarte auch eine Korrektur an der Börse, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. Ich glaube, dass die Aktienkurse in letzter Zeit stark von psychisch getrieben waren. Die Anleger hatten Angst, den Aufschwung zu verpassen. Inzwischen sind die Kurse fundamental überbewertet, so dass sich Unsicherheit einschleicht, auch das ist zum Teil ein psychisches Phänomen. Der Abwärtstrend wird aber höchstens anhalten, bis die Unternehmen nach der Bundestagswahl ihre Kostenstruktur konsolidieren, also Arbeitsplätze abbauen. Dann haben die steigenden Kurse eine fundamentale Grundlage. Dass die knapperen Produktionskapazitäten dann zu steigenden Preisen führen, die die Zentralbanken zwingen, die Geldmenge zu reduzieren, ist das bekannte Spiel der Konjunktur.