Friday, 4. March 2011
Die FTD sorgt sich um Guttenbergs Karriere. Heinz Juchmes macht einen großartigen Vorschlag: Guttenberg könnte Thomas Gottschalks Nachfolger werden und „Wetten, dass …?“ moderieren. Ich halte das für das perfekte Betätigungsfeld für den ehemaligen Doktor. Das nötige Maß an Witz und Ironie bringt er mit. Außer übermütigen Kandidaten kann er dort nichts kaputt machen. Die Art und Weise, auf die das Volk ihn liebt, ist der nah verwandt, auf die es den Gottschalk liebt. Wenn ihm ein blöder Lapsus passiert (geöffnete Redaktionspost, sich beim Spielen mit den Requisiten gegenseitig ersdrosselnde Kandidaten, von der Leiter fallende Beleuchterinnen, alte Witze von Heinz Ehrhardt und Harald Juhnke, die plötzlich auf den Moderationskärtchen auftauchen), braucht er nicht mehr herumzudrucksen, sondern kann sich fein darauf berufen, dass ja alles Show sei. Und wir wissen alle: „The show must go on!“
Saturday, 26. February 2011
guttenbergen (für kopieren, kopieren und einfügen); „Könnten Sie mir das dreimal -?“
Guttenberger, der; -s, - (ugs. für Fotokopierer)
Vielen Dank an Samira.
Friday, 18. February 2011
Was denkbar ist, gibt es auch. Heute: Rollator-Modding. Da ich Alter bisher stets mit Zurückhaltung verbunden habe, möchte ich unter beschossenem Weltbild ausrufen: „Jugendwahn!“
Tuesday, 15. February 2011
Als die Finanzkrise nach der Lehman-Brothers-Pleite so richtig losgebrochen war und die Zeitungen über die Mortgage Backed Securities schrieben, die Finanzprodukte, die die Krise ausgelöst hatten, fiel mir auf, dass es einen frühen Indikator für den Beinahezusammenbruch gab. Ich hatte gelegentlich in meinen Spam-Ordner geschaut und dabei etliche E-Mails bemerkt, die „Mortgage“ im Betreff trugen. Ich hatte das Wort damals extra nachgeschlagen und herausgefunden, dass es „Hypothek“ heißt. Im Nachhinein war es sonnenklar, dass es nicht gutgehen kann, wenn Kredite mittels Spam vertrieben werden.
So langsam geht es wieder los. Eine der wenigen Mails, die es mal durch meinen Filter geschafft hat, trug den Betreff: „Financial Loan Firm Ltd“. Ihr Text:
Are you a business man or woman ? Are you in any financial mess or do you
need funds to start up your own business? Do you need loan to settle your
debt or pay off your bills or start a nice business? Do you have a low credit
score and you are finding it hard to obtain capital loan from local banks/
other financial institutes? here is the great opportunity for you apply.
Darunter ein Formular, in das man Name, benötigten Betrag, Dauer, Land, Telefonnummer, Geschlecht und monatliches Einkommen eintragen soll, gefolgt von einer E-Mail-Signatur mit einer Telefonnummer auf den Französischen Antillen. Das war die zweite oder dritte Mail dieser Art, die mich erreicht hat. Mag sein, dass sie einem diesmal gar keine Kredite geben wollen, sondern nur Gebührenvorschüsse abzocken wollen.
Ansonsten: Herr Bernanke, es wird Zeit! Machen Sie mir nicht den Greenspan.
Friday, 11. February 2011
Und nachträglich auch einen Glückwunsch an Tunesien
Mubarak hat heute seinen Hut genommen. Schon aus der Ferne ist es faszinierend zu beobachten, wie Millionen sich friedlich ihre Freiheit erstreiten. Das ist Kraftfutter für das Urvertrauen. Ich sage danke.
Sunday, 6. February 2011
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin!
Ich möchte meine Empörung darüber zum Ausdruck bringen, dass Sie dem
Tyrannen Mubarak auf der Sicherheitskonferenz in München den Rücken
gestärkt haben.
- Dass der geordnete Wandel zur Demokratie nur unter dem
alten Präsidenten möglich sei, halte ich für vorgeschoben. Das
Beispiel Tunesien belegt gerade das Gegenteil.
- Mubarak ist kein Garant f"ur die innere Sicherheit mehr.
Das Militär hat sich zumindest teilweise von ihm abgewendet und
schützt weitgehend autonom die Demonstranten. Im Gegenteil verstärkt
Mubarak die Unruhen im Land, indem er Kriminelle freilässt und
seine Anhänger zu Krawallen motiviert. Mir jedenfalls fällt es
schwer zu glauben, dass die „Gefängnisausbrüche“ nicht von ganz
oben koordiniert waren.
- Abgesehen von bisher leeren Versprechungen hat sich Mubarak
bisher keinen Schritt in Richtung Demokratie bewegt. Weder wurde
der Notstand aufgehoben noch wurde wie in Tunesien die Pressefreiheit
eingeführt. Es sieht alles danach aus, als versuche er immer noch,
die Sache auszusitzen.
Von der Bundesregierung hätte ich eigentlich erwartet, dass sie sich
bedingungslos hinter die demokratische Bewegung in Ägypten stellt. Ich
empfinde Ihr Verhalten als grobe Ungerechtigkeit den dortigen
Reformkräften gegenüber. Ich bin bitter enttäuscht.
Mit freundlichen Grüßen
Thursday, 9. December 2010
Ich geb's ja zu, manchmal surfe ich ein wenig ziellos im Word Wide Web und verirre mich dabei auch in Ecken, in denen sich kaum jemand freiwillig herumtreibt, genauso, wie ich in Spaziergänge gerne mal Industriegebiete einflechte, um zwischendurch eine besondere Stimmung aufzunehmen. Mein virtueller Spaziergang führte mich heute aus aktuellem Anlass in den Pressebereich von „MasterCard“. Zu Wikileaks und Pressefreiheit war da, wie fast zu erwarten war, nichts zu finden. Aber unter „Unternehmen“ habe ich einen schönen Satz gefunden:
Dabei wurde das Leistungsspektrum der Karte ständig erweitert und so weit individualisiert, dass jeder Kartennutzer eine MasterCard® Karte bekommen kann, die seinen Wünschen und Bedürfnissen entspricht.
Gut, nicht jeder. Als Kartennutzer sollte man beeindruckt sein, dass es nur um Wünsche und Bedürfnisse geht, und gar nicht um Solvenz. Ich wollte daraus einen Witz machen, aber dafür fehlt es an der Neuigkeit. An seine Stelle muss eine Einsicht treten. Die westliche Wirtschaft wird immer weniger getrieben von Innovation, Wertschöpfung und solidem Wirtschaften, sondern immer mehr von Vermarktung. Ohne Rücksicht auf Verluste. Im Wortsinn. Kredite werden gegen Zins verkauft an Kunden, die sie niemals werden zurückzahlen können. Auf der anderen Seite werden die verbrieften Forderungen gegen Provision an die Anleger gebracht. „MasterCard“ lügt hier nicht einmal.
Wednesday, 8. December 2010
Zyniker haben schon immer die Demokratie „Diktatur auf Zeit“ geschimpft. Auch wenn ich auf die Rechtsstaatlichkeit in der westlichen Welt vertraue, muss ich ihnen ein ganzes Stück weit recht geben. Die der Diktatur eigene Willkür lässt sich in Kleinigkeiten erkennen, beispielsweise im Steuergeschenk der aktuellen Bundesregierung an die Hoteliers, umgesetzt mit einer politischen Arroganz, die jeden Gedanken daran, dass im Parlament Volksvertreter säßen, denen das Gemeinwohl am Herzen läge, vergessen macht und allein auszudrücken scheinen will: „Das ist jetzt unser Staat, jetzt bedienen wir uns und unsere Leute.“ Manchmal lässt die Demokratie gar alle Prinzipien fallen. Die USA foltern, und politisch wird alles getan, um eine Verfolgung der Täter zu verhindern. Das sollte in einem Rechtsstaat undenkbar sein, trotzdem ist es nicht unmöglich.
Nun beginnt das Internet seine volle Kraft des Wandels zu entfalten. Dass der Kanal „Wikileaks“ heißt, kann man getrost als Randnotiz abtun. Es fing schon vor länger Zeit an zu tröpfeln. Einen der ersten Tropfen hat Barbara Streisand abbekommen und damit einem Internet-Phänomen ihren Namen gegeben. Unternehmen, die als ungerecht oder unehrlich wahrgenommen wurden, mussten Shitstorms (Vorsicht, Lobo) auf Twitter und in der Blogosphäre hinnehmen, die es bis in die etablierten Medien schafften. Das waren die ersten Sturmböen. Wikileaks lässt nun das Gewitter losbrechen. Wikileaks ist dabei kein Einzelphänomen. Mit Chryptome gibt es bereits eine weitere Plattform, weitere sind im Aufbau. Die neue Transparenz ist der technischen Entwicklung immanent. Das Internet ist da, und es ist konstruiert, sich nicht abschalten zu lassen. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass gerade das US-Militär, das mit dem Arpanet den Grundstein des heutigen Internets gelegt hat, um bei der Analogie zu bleiben, die ersten Blitzschläge hinnehmen muss.
Ohne, dass auch nur eine Verfassung geändert werden musste, wird das Prinzip Rechtsstaat durch das Internet um etwas ergänzt, was ihm bisher fehlte: Eine aktive, permanente, unmittelbare Kontrolle der Politik durch das Volk. Lassen wir uns davon nicht erschüttern und machen wir weiter. Wir, das Volk, sollten aber eins zur Kenntnis nehmen: Die da oben™ sind auch nur Menschen. Wenn wir ehrliche, aufrichtige, gerechte Politiker wollen, werden wir Demut ihnen gegenüber lernen müssen. Sonst wird uns keiner mehr regieren wollen.
Saturday, 4. December 2010
handelsblatt.com berichtet, dass die Banken ihre Geschäfte wieder in Schattenbanken auslagern, um sie vor den Regulierungsbehörden zu verstecken. Nicht trotz, sondern wegen der schärferen Regulierung. Das Verhalten erinnert eher an Spielsucht als an gesundes Wirtschaften. Ich weiß, ich sage damit nichts neues.
Monday, 29. November 2010
Wikileaks hat „Cables“ der US-Botschaften online gebracht. Übersetzt heißt „Cable“ „Telegramm“ oder „Depesche“. Ich verzichte darauf, Links zu setzen. Ich habe inzwischen so oft das Substantiv „Kabel“ in diesem Zusammenhang gelesen, dass ich wohl davon ausgehen muss, dass das Wort „Telegramm“ im Duden bald als „veraltend“ erscheinen wird und dass es eine neue Ziffer unter „Kabel“ geben wird. „Telegraphieren“ schreibt man übrigens heute nicht mehr„telegraphieren“, sondern „kabeln“. Mit „kabeln“ hätte ich bis heute vielleicht „strangulieren“ oder „elektrifizieren“ verbunden, selbstverständlich ohne jede Rechtfertigung. Gnade dem Leser.
Nachtrag 29.11.2010, 11:41: Ich muss mich korrigieren. Laut Duden ist „Kabel“ tatsächlich ein veraltetes Wort für „Kabelnachricht“. Und „kabeln“ steht „veraltend“ für „[nach Übersee] telegrafieren“. Ich bin wohl doch noch zu jung und die Presse betreffend zu pessimistisch. Also, Kompliment: Schönes Schätzchen habt ihr da gehoben! Und der Duden wird in der nächsten Auflage wohl ein paar Zeichen sparen können.
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