Wednesday, 22. June 2011
Merkel sagte heute in der Tagesschau, dass die Beteiligung des privaten Sektors an der Rettung Griechenlands freiwillig bleiben müsse, weil sonst ein „Kreditereignis“ ausgelöst würde. Kein Wunder, die Ratingagenturen haben angekündigt, selbst bei sanftestem Druck Griechenland pleite zu erklären. Sie wirken wie in Finanzkrise I krisenverschärftend. Es wurde viel geredet, aber politisch nichts unternommen, um diesem Mechanismus Schranken zu setzen.
Um zu verstehen, was Merkel da sagt, muss man wissen, was ein Kreditereignis ist. Es ist nämlich so, dass die Banken untereinander Kreditausfallversicherungen handeln, auf Englisch Credit Default Swaps (CDS). Zur Zeit zahlt man 2 Mio. EUR im Jahr, um griechische Staatsanleihen im Wert von 10 Mio. EUR zu versichern. Die CDS' werden fällig, wenn ein Kreditereignis eintritt, übersetzt: die Insolvenz. Das entsprechende Rating kann da der formale Maßstab für die Pleite sein. Der Versicherungsgeber muss dann dem Versicherungsnehmen das illiquide Wertpapier in Bargeld tauschen. Da die Ratingagenturen Griechenland nur als ganzes beurteilen, und nicht das einzelne Wertpapier, werden also in der Folge die kompletten griechischen Schulden einmal durchs Bankensystem verschoben. Damit nicht genug: Man kann auch Papiere versichern, die man gar nicht hat. Der Ausfall des Gläubigers Griechenland hätte damit tatsächlich in etwa die Dimension des Zusammenbruch der Lehman Brothers. Ich behaupte mal leichtfertig, dass mit CDS' auf griechische Staatsschulden inzwischen rege spekuliert wird. Und ein Hauch von Zahlungsverzug lässt die Ratingagenturen das Spiel beenden, rien ne va plus, dann wird abgerechnet. Kein Wunder, dass der Pimco-Chef jetzt vor der Finanzkrise II warnt. Pimco ist übrigens eine Allianz-Tochter.
Übrigens waren es die CDS', die dazu geführt haben, dass der US-amerikanische Steuerzahler den Versicherer AIG mit knapp 200 Mrd. USD stützen musste. Es wurde überlegt, ob man den Markt für diese Kreditderivate nicht irgendwie regulieren müsse. Passiert ist nichts. Das handeln die Banken immer noch alles im Hinterzimmer untereinander aus.
Es reicht. Hosen runter.
Thursday, 7. April 2011
Auf diesem Kartenausschnitt ist ein Burger-King-Restaurant zu sehen. Es steht im Zentrum einer wichtigen US-Institution. Langsam herauszoomen!
Tuesday, 15. February 2011
Als die Finanzkrise nach der Lehman-Brothers-Pleite so richtig losgebrochen war und die Zeitungen über die Mortgage Backed Securities schrieben, die Finanzprodukte, die die Krise ausgelöst hatten, fiel mir auf, dass es einen frühen Indikator für den Beinahezusammenbruch gab. Ich hatte gelegentlich in meinen Spam-Ordner geschaut und dabei etliche E-Mails bemerkt, die „Mortgage“ im Betreff trugen. Ich hatte das Wort damals extra nachgeschlagen und herausgefunden, dass es „Hypothek“ heißt. Im Nachhinein war es sonnenklar, dass es nicht gutgehen kann, wenn Kredite mittels Spam vertrieben werden.
So langsam geht es wieder los. Eine der wenigen Mails, die es mal durch meinen Filter geschafft hat, trug den Betreff: „Financial Loan Firm Ltd“. Ihr Text:
Are you a business man or woman ? Are you in any financial mess or do you
need funds to start up your own business? Do you need loan to settle your
debt or pay off your bills or start a nice business? Do you have a low credit
score and you are finding it hard to obtain capital loan from local banks/
other financial institutes? here is the great opportunity for you apply.
Darunter ein Formular, in das man Name, benötigten Betrag, Dauer, Land, Telefonnummer, Geschlecht und monatliches Einkommen eintragen soll, gefolgt von einer E-Mail-Signatur mit einer Telefonnummer auf den Französischen Antillen. Das war die zweite oder dritte Mail dieser Art, die mich erreicht hat. Mag sein, dass sie einem diesmal gar keine Kredite geben wollen, sondern nur Gebührenvorschüsse abzocken wollen.
Ansonsten: Herr Bernanke, es wird Zeit! Machen Sie mir nicht den Greenspan.
Thursday, 9. December 2010
Ich geb's ja zu, manchmal surfe ich ein wenig ziellos im Word Wide Web und verirre mich dabei auch in Ecken, in denen sich kaum jemand freiwillig herumtreibt, genauso, wie ich in Spaziergänge gerne mal Industriegebiete einflechte, um zwischendurch eine besondere Stimmung aufzunehmen. Mein virtueller Spaziergang führte mich heute aus aktuellem Anlass in den Pressebereich von „MasterCard“. Zu Wikileaks und Pressefreiheit war da, wie fast zu erwarten war, nichts zu finden. Aber unter „Unternehmen“ habe ich einen schönen Satz gefunden:
Dabei wurde das Leistungsspektrum der Karte ständig erweitert und so weit individualisiert, dass jeder Kartennutzer eine MasterCard® Karte bekommen kann, die seinen Wünschen und Bedürfnissen entspricht.
Gut, nicht jeder. Als Kartennutzer sollte man beeindruckt sein, dass es nur um Wünsche und Bedürfnisse geht, und gar nicht um Solvenz. Ich wollte daraus einen Witz machen, aber dafür fehlt es an der Neuigkeit. An seine Stelle muss eine Einsicht treten. Die westliche Wirtschaft wird immer weniger getrieben von Innovation, Wertschöpfung und solidem Wirtschaften, sondern immer mehr von Vermarktung. Ohne Rücksicht auf Verluste. Im Wortsinn. Kredite werden gegen Zins verkauft an Kunden, die sie niemals werden zurückzahlen können. Auf der anderen Seite werden die verbrieften Forderungen gegen Provision an die Anleger gebracht. „MasterCard“ lügt hier nicht einmal.
Saturday, 4. December 2010
handelsblatt.com berichtet, dass die Banken ihre Geschäfte wieder in Schattenbanken auslagern, um sie vor den Regulierungsbehörden zu verstecken. Nicht trotz, sondern wegen der schärferen Regulierung. Das Verhalten erinnert eher an Spielsucht als an gesundes Wirtschaften. Ich weiß, ich sage damit nichts neues.
Thursday, 18. November 2010
Viele sagen, sie würden nicht mehr in Aktien oder Aktienfonds investieren, weil sie sich schon einmal die Finger verbrannt hätten. Dabei ist es so einfach.
Ganz klare Ausstiegssignale:
- Auf „n-tv“ und „N24“ werden die Vorteile von Aktien und Aktienfonds gepriesen.
- Ihr Bankberater ruft an, um den Kauf von Aktien oder Aktienfonds zu empfehlen.
Ganz klare Einstiegssignale:
- „Spiegel online“ richtet einen Liveticker zur Wirtschaftskrise ein.
- Auf n-tv und „N24“ werden steigende Aktienkurse ausgeschlossen, weil das Vertrauen in die Märkte fehle.
- Ihr Bankberater ruft an, um Ihnen eine Rentenversicherung zu verkaufen.
Dies ist selbstverständlich keine Anlageempfehlung.
Friday, 22. October 2010
Schon oft habe ich gesehen, dass die 0800330**** versucht hat, mich anzurufen. Das ist so eine Kostenlosnummer. Gestern haben sie mich dann endlich mal erreicht. Es war die Deutsche Telekom. Ich bin bei denen nicht Kunde. Nach meiner Einschätzung war das ein illegaler Cold Call. Und zwar bewusst: „Sie wundern sich bestimmt, dass die Telekom Sie anruft.“ Allerdings. Kann es sein, dass die zur Zeit ihre Felle davonschwimmen sehen, dass die so aggressiv werben müssen? Für mich steht jetzt jedenfalls fest, dass ich bis mindestens 2015 keine Verträge mit denen mache. Womit alles beim Alten bliebe.
Update 06.09.2014: Die Nummer ist nicht mehr der Telekom zugeteilt. Der neue Inhaber hat mich gebeten, den Artikel zu löschen. Ich habe deshalb die Nummer unkenntlich gemacht.
Saturday, 18. September 2010
Aus der Wikipedia:
In Deutschland gilt nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs für die Verkehrsbezeichnung Leberkäse, dass so bezeichnete Lebensmittel außerhalb Bayerns Leber enthalten müssen, es sei denn, sie werden Bayerischer Leberkäs(e) genannt.
Ich bin beeindruckt.
Saturday, 26. June 2010
Die deutschen Verlage wünschen sich ein Leistungsschutzrecht.
Das Leistungsschutzrecht kenne ich aus der Musik. Bob Dylan hat „Like a Rolling Stone” geschrieben. Daran hat er das Urheberrecht. Deswegen bekommt er Geld, wenn der Song im Radio gespielt wird oder wenn er auf CD verkauft wird. Die Rolling Stones haben den Bob-Dylan-Song nachgespielt. Als Interpreten haben sie dadurch ein Leistungsschutzrecht. Sie bekommen Geld dafür, dass sie dem Song einen individuellen Charakter geben und ihn so auf Band bringen. Wenn man also „Like a Rolling Stone” von Bob Dylen auf Platte kauft, bekommt Bob Dylan doppelt Geld, nämlich für seine Urheberschaft und für seine Leistung als Interpret. Kauft man hingegen „Like a Rolling Stone” von den Rolling Stones, bekommt den Anteil für die Interpretation nicht Bob Dylan. Der geht stattdessen Rolling Stones. Bob Dylan wird dann nur für seine Urheberschaft entlohnt.
Das Recht, dass in diesem Fall die Rolling Stones als Musiker genießen, fordern jetzt die Verlage ein Wofür? Dafür, dass gelegentlich ein Mitarbeiter einen Artikel etwas reißerischer überschreibt als der freiberufliche oder fest angestellte Urheber? Dafür, dass sie Agenturmeldungen der Ressorts zuordnen? Für die gerade im Onlinebereich oft so stümperhafte Schlussredaktion?
Solange ich das nicht verstehe, bin ich dagegen.
Im T-Punkt. Ja, tatsächlich. Ich dachte mir, dass es ganz klug wäre, mich schlau zu machen, wie das Angebot der Telekom etwa ein Jahrzehnt nach dem Ende des Monopols aussieht. Es ging mir um eine mobile Datenflatrate, und da ich mit der Netzabdeckung von O2 schon beim normalen Telefonieren nicht zufrieden bin, wollte ich mich mal bei der Konkurrenz umsschauen. Die Netzabdeckung soll bei der Telekom am besten sein. Dazu kommt, dass inzwischen alle großen Telefongesellschaften so einen schlechten Ruf haben wie die Telekom damals, warum also soll ich dem ehemaligen Staatskonzern nicht eine neue Change einräumen?
Nachdem ich in der Filiale ein wenig gewartet hatte, sprach mich dann auch ein recht junger Mitarbeiter an. Ich trug ihm mein Anliegen vor: 256 kBit/s reichen, aber bitte keine Drosselung auf GPRS nach dem Verbrauch eines bestimmten Datenvolumens, damit kann ich nicht mehr arbeiten, und bitte keine Beschränkungen in den Diensten, ich möchte nicht nach dem Fehler suchen, wenn mein VPN wegen sowas nicht geht. Ich muss zugeben: Mir war klar, dass meine Aussichten recht schlecht waren, so etwas zu bekommen. Aber man kann ja nie wissen, vielleicht liegt in der hintersten Schublade noch ein Vertragsformular für Leute wie mich. Außerdem hatte ich in der Schule etwas gelernt von Angebot und Nachfrage. Also fragte ich mal nach.
Der junge Mann schlug das Tarifdschungelbuch auf und machte einen Vorschlag. Er deutete auf die rechte Spalte einer Tabelle. Unter Datenvolumen stand „unbegrenzt36”. Ich fragte kurz nach, was die kleine 36 zu bedeuten habe. Er fing an, zu erklären, dass beim Vertrag in der linken Spalte 300 MB drin seien, der andere sei unbegrenzt. Also nahm ich selbst das Buch in die Hand, schlug die hinteren Seiten mit den Fußnoten auf, suchte die 36 und las ihm vor, dass die Übertragungsrate nach 5 GB auf 64 kBit/s up und 16 kBit/s down gedrosselt würde. Mir fiel nicht mehr ein, als mich zu verabschieden.
Wahrscheinlich würde ich die 5 GB niemals erreichen, so dass ich nie mit der Drosselung konfrontiert wäre. Trotzdem halte ich das Limit für eine Fehlkonstruktion. Ich will keine Bytes zählen, ich brauche eine verlässliche Verbindung. Zudem ist mir ein Anbieter, der Fußnoten in die Verträge schreibt, die die eigenen Mitarbeiter nicht verstehen, suspekt. Geschäft basiert auf Vertrauen.
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