Sunday, 17. October 2010Bildungsferne Schichten und soUlrike Sosalla, die „Kommentarchefin“ der Wirtschaftszeitung FTD, mischt sich in die Integrationsdebatte ein. Das Wort [Migrationshintergrund] kommt mit einer gutmenschelnden Neutralität daher, es ist der größte gemeinsame Nenner und sehr allgemein: [...] Wenn das so ist, dann gibt es ja noch einiges zu kürzen. Aber ich möchte mich nicht nur belustigen. Ich möchte Frau Sosella auch erklären, warum von „Menschen mit Migrationshintergrund“ gesprochen wird. Die „Liberalisierung“ des Einbürgerungsrechts ist nicht ohne Grund geschehen. In Deutschland lebten damals viele Türken in der dritten Generation, die man nicht zurück in die Türkei schicken konnte, die aber auch nicht in die deutsche Gesellschaft integriert waren. Dass die Enkel der Einwanderer ihre Wurzeln nicht mehr in der Türkei sehen, ist wohl verständlich. Zur mangelnden Integration in die deutsche Gesellschaft haben die Deutschen wohl am meisten beigetragen. Eben nicht nur durch Versäumnisse im Bildungssystem, sondern auch, indem man diesen Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert hat und sie so schlechter gestellt hat, zu Einwohnern zweiter Klasse degradiert hat. Dabei sollte man im Blick haben, dass Deutschland auch mit dem modernisierten Einbürgerungsrecht immer noch dem international Üblichen hinterherhinkt. Wer in einem Land geboren wird, bekommt normalerweise auch die Staatsbürgerschaft. In Deutschland hat man nur dann Anspruch auf die Staatsbürgerschaft, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt bereits acht Jahre in Deutschland gelebt haben. Selbst nach geltendem Recht ist es also möglich, dass hier Kinder aufwachsen, die ihr Leben lang nicht Deutsche werden können. Die Menschen, die durch die Reform die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben, konnte man tatsächlich nicht mehr als „Ausländer“ bezeichnen. Auch waren sie keine Zuwanderer oder Migranten, sondern eben deren Kinder und Enkel. Von „Menschen mit Migrationshintergrund“ redet man nicht, um gutmenschelnd Neutralität zu wahren. Der Begriff ist fachlich richtig. Frau Sosalla bemängelt nun, dass sich unter diesem Begriff Menschen mit guter und mit schlechter Herkunft versammeln. Jedenfalls verstehe ich sie so, wenn sie sagt, dass sich darunter „auch die dänische Mutter mitsamt flachsblonder Tochter (süß), der japanische Diplomat (wichtig) und die Französin von nebenan (der Akzent!)“ tummelten und dabei ausspart, was in ihrem Sinne eigentlich mit dem Begriff gemeint sein soll. Mich wundert, dass die Meinungschefin der FTD nicht erkennen mag, dass es sich mit dem Begriff „Ausländer“ nicht anders verhält: Auch er umfasst alle Nationalitäten. Vielleicht bemerkt sie auch nicht, welche Konnotation der Begriff für sie hat. Und erkennt nicht, dass sich zum Begriff „Menschen mit Migrationshintergrund“ die gleiche Konnotation in einigen Teilen der Bevölkerung zumindest entwickelt. Niemand hindert Frau Sosalla daran, zu präzisieren, die muslimische Religion anzusprechen, den sunnitischen Familienhintergrund oder die türkische Abstammung. Stattdessen stellt sie es als kulturelle Leistung Sarrazins dar, Begriffen wie „Kopftuchmädchen, muslimische Deutschverweigerer [und] islamische Unterwanderung“ den Raum bereitet zu haben. Kraftbegriffe, die wohl kaum zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Sicher, Sosalla spricht nur über andere, über Sarrazin, Seehofer, die Grünen und die SPD-Funktionäre. Sie fordert selbst: „Wer die Debatte nicht den vermeintlichen Klartextrednern überlassen will, muss selbst klare Worte finden.“ Sie findet keine klaren Worte. Sie stellt Fragen. Ob es uns störe, wenn Frauen Kopftücher tragen. Ob jemand integriert sei, der Wohnung und Job habe oder ob er die Satellitenschüssel abbauen müsse, die das türkische Fernsehprogramm empfängt. Wer klare Worte fordert und solche Fragen stellt, ohne sie sofort zu beantworten, der muss sich Gegenfragen gefallen lassen: Hat Frau Sosalla wesentliche Errungenschaften der Abendländischen Kultur wie die Religionsfreiheit vergessen? Sollte man neben Kopftüchern nicht auch Baggy Pants verbieten? Was denn bitte stört an Kopftüchern? Darf sich der arbeitslose Brandenburger integriert fühlen? Ist Satellitenfernsehen unanständig oder ist es das nur, wenn man sich die türkische Fußballliga anschaut? Man kann nicht die Aufhebung der Denkverbote und die Entfesselung der Diskussion begrüßen, um sich dann fein herauszuhalten und den nun hoffähigen Populisten das Feld zu überlassen. Deshalb möchte ich es mir nicht nehmen lassen, auf meine Art Position zu beziehen: Wenn es aus der Wohnung der türkischen Nachbarn immer so komisch riecht, dann liegt das vielleicht daran, dass die noch richtig kochen können. Integration ist Neugier auf- und Offenheit füreinander. Das beruht auf Gegenseitigkeit. Mit dem Gedanken kann man von Zuwanderern die Teilnahme an Sprachkursen fordern. Sprache ist für das Zusammenleben grundlegend. Ähnlich verhält es sich mit der Rechtstreue. Der Rechtsstaat ist für unsere Gesellschaft konstituierend, er ist der Boden, auf dem unsere Freiheit gedeihen kann. Wer aber fragt, ob wir Kopftücher tolerieren können, der übt Verrat an unserer Kultur, der stellt gleichzeitig die Freiheitlichkeit unser Gesellschaft zur Debatte. Frau Sosalla lässt diese Fragen offen und schließt folgendermaßen: Vielleicht stellen wir ja auch fest, dass wir einfach nicht reif sind für ein buntes Deutschland. Vielleicht sollten wir den Menschen da draußen empfehlen, ihren Migrationshintergrund lieber irgendwo anders auszuleben. Klar, Deutschland schrumpft, wir haben bald nicht mehr genug Fachkräfte, von den Rentenzahlern ganz zu schweigen. Aber tut uns leid. Wir sind einfach so 80er. Ich stimme Ihnen zu, Frau Sosalla. Sie wird sicher kaum ein Ausländer als Nachbar haben wollen. Sobald Sie Bruchrechnen können, lesen Sie vielleicht auch mal Statistiken. Und vielleicht nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie auf eine Scheindebatte hereingefallen sind. Die ist so 90er. Inzwischen verlassen uns unsere Türken, und zwar gerade die, die am besten qualifiziert sind. Wenn ich Kommentare wie Ihren lese, kann ich's ihnen nur nachsehen. Wednesday, 15. September 2010EndlichSigmar Gabriel zerfleddert Sarrazin in der „Zeit“. Endlich geht es mal jemand von der richtigen Seite an. Statt sich auf eine Diskussion für oder gegen Zuwanderung, über den Islam, über ALG-II-Sätze, Ausländer- und Jugendkriminalität oder Kopftücher einzulassen, entblößt er konsequent Sarrazins sozialdarwinistischen, eugenetischen Thesen. Danke. Sunday, 12. September 2010Skandale allenthalben„Die Zeit“ beschreibt hier eindrucksvoll, wie sehr sich unsere Medien davon verabschiedet haben, in der Berichterstattung in die Tiefe zu gehen, wie sie aber gleichzeitig jede einzeilige Nachricht zum Skandal aufbrezeln: [... ] da wird, wie im Fall Sarrazin, erst auf seine Abberufung hingewirkt, um dann sogleich das Abberufungsverfahren als unzulänglich zu kritisieren. Auf „handelsblatt.com“ ist das alles sehr gut nachzuvollziehen. Hier wird am 31. August Sarrazins Rausschmiss als zwingend dargestellt, hier zwei Tage später, am 2. September, am Verfahren gezweifelt.
Wenn der Ausgang eines juristischen Verfahrens unklar ist, gibt es für die Parteien eine häufig genutzte Möglichkeit, Rechtsfrieden herzustellen: Den Vergleich. „handelsblatt.com“ hat die Risiken des Verfahrens ja ganz richtig erkannt. Wenn Wulff das Risiko eines verlorenen Rechtsstreit nicht eingehen will, und dafür gibt es gute Gründe, wirkt er auf einen Vergleich mit der Bundesbank hin. Dass Sarrazin dafür entschädigt wird, dass er geht, liegt in der Natur des Verfahrens. Wie titelt man also anschließend? Sarrazin lässt sich Bundesbank-Abschied vergolden Skandal. Skandalöser finde ich allerdings, dass „zeit.de“ und „handelblatt.com“ Artikel auszutauschen, und das wohl nicht zuletzt, weil der Dieter von Holzbrinck Medien GmbH 100 % vom „Handelsblatt“ und 50 % der „Zeit“ gehören, wenn man Wikipedia glauben schenken darf. Wednesday, 8. September 2010SchlussredaktionMal wieder darf ich handelsblatt.com verspotten.Diesmal geht es nur um eine sprachliche Kuriosität: Der Europäische Gerichtshof hat das deutsche Glücksspiel-Monopol gestürzt und gilt ab sofort nicht mehr. So praktisch kann Europa sein. Urteile von ungültigen Gerichten wird man wohl kaum beachten müssen.
Dass ich so regelmäßig aufs Handelsblatt aufmerksam werde, liegt wahrscheinlich daran, dass ich dem eine ganze Zeit lang ein besonderes Niveau unterstellt habe. Zur Zeit leistet die Redaktion beste Arbeit, um mich zu desillusionieren. Thursday, 12. August 2010Noch einmal zum LeistungsschutzrechtIch habe hier gefragt, wozu die Verlage ein Leistungsschutzrecht brauchen. In § 85 UrHG werden, anders als ich damals behauptet habe, die Rechte des Verwerters geschützt. Die Herstellung eines Tonträgers wird hier unter besonderen Schutz gestellt. Der Begriff der Leistungsschutzrechte ist also doch etwas umfassender, als ich annahm. Sinn dieser Regelung ist es vermutlich, den Verwertern die Möglichkeit zu geben, aus eigener Initiative gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Da stehen die Verlage zur Zeit nämlich vor einem Problem. Da die Urheber, oft freie Journalisten, ihre Werke an mehrere Verwerter lizenzieren können, sind sie in einer sehr schwachen Position, wenn sie gegen Rechtsverletzungen vorgehen wollen. Früher, in Zeiten der gedruckten Zeitung, gab es das Problem nicht. Zwar konnte man die Druckerzeugnisse auf den Kopierer legen. Davon ging aber keine Gefährdung des Geschäftsmodells der Zeitungen aus. Die Kopierkosten waren hoch, und um die Aktualität war es bei der Form der Weitergabe schlecht bestellt. Heute können die Texte per Copy & Paste oder gar automatisch weiterverbreitet werden. Die Verlage sagen offen, dass die bei Google News Gewinne abschöpfen möchten. Und man munkelt, sie wollten gegen Blogger vorgehen. Um bezüglich des geforderten Leistungsschutzrechtes für Presseverlage zu einem Standpunkt zu kommen, sind einige Fragen zu beantworten. Schaden oder nützen News-Aggregatoren den Verlagen? Einerseits bringen sie ihnen Klicks, andererseits konkurrieren sie um die Werbekunden. Wie weit soll das Zitatrecht gehen? Einerseits ist es wichtig, dass Blogger ihre Meinung äußern und dabei Bezüge herstellen. Andererseits ist es nicht hinzunehmen, wenn Dritte sich die Leistungen der Verlage durch einfaches Kopieren zu eigen machen. Wie wollen wir darauf, dass die Digitalisierung der Medien das Kopieren so vereinfacht hat, reagieren? Muss das Urheberrecht verschärft werden, um diejenigen zu schützen, die die Leistung erbringen? Oder sollte umgekehrt das Zitatrecht gestärkt werden, um den Meinungspluralismus und den gesellschaftlichen Diskurs zu befeuern? Ist das Urheberrecht in seiner jetzigen Form überholt und realitätsfern, oder ist es eher als zahnlos in einer Welt des Internets zu bezeichnen? Mir geht es in dieser Diskussion weniger um einen fairen Ausgleich zwischen Verlagen, Bloggern und Suchmaschinen, sondern mehr um das Gemeinwohl. Die in einem Artikel auf „Spiegel Online” beschriebene Explosion des Wissens, die zur Industrialisierung Deutschlands geführt habe, habe nach Eckhard Höffner das in Deutschland schwach ausgeprägte Urheberrecht als Ursache gehabt. Solche Untersuchungen sollte man mindestens als Indiz nehmen, dass man aufpassen sollte, unsere Kultur nicht in Regeln zu ersticken. Privilegien, die einmal geschaffen wurden, lassen sich nur schwer wieder beseitigen. Saturday, 26. June 2010LeistungsschutzrechtDie deutschen Verlage wünschen sich ein Leistungsschutzrecht. Das Leistungsschutzrecht kenne ich aus der Musik. Bob Dylan hat „Like a Rolling Stone” geschrieben. Daran hat er das Urheberrecht. Deswegen bekommt er Geld, wenn der Song im Radio gespielt wird oder wenn er auf CD verkauft wird. Die Rolling Stones haben den Bob-Dylan-Song nachgespielt. Als Interpreten haben sie dadurch ein Leistungsschutzrecht. Sie bekommen Geld dafür, dass sie dem Song einen individuellen Charakter geben und ihn so auf Band bringen. Wenn man also „Like a Rolling Stone” von Bob Dylen auf Platte kauft, bekommt Bob Dylan doppelt Geld, nämlich für seine Urheberschaft und für seine Leistung als Interpret. Kauft man hingegen „Like a Rolling Stone” von den Rolling Stones, bekommt den Anteil für die Interpretation nicht Bob Dylan. Der geht stattdessen Rolling Stones. Bob Dylan wird dann nur für seine Urheberschaft entlohnt. Das Recht, dass in diesem Fall die Rolling Stones als Musiker genießen, fordern jetzt die Verlage ein Wofür? Dafür, dass gelegentlich ein Mitarbeiter einen Artikel etwas reißerischer überschreibt als der freiberufliche oder fest angestellte Urheber? Dafür, dass sie Agenturmeldungen der Ressorts zuordnen? Für die gerade im Onlinebereich oft so stümperhafte Schlussredaktion? Solange ich das nicht verstehe, bin ich dagegen.
Geschrieben von Sven Lauritzen
in Medien, Politik, Wirtschaft
um
18:24
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Saturday, 5. June 2010Yes, we canDie „Süddeutsche Zeitung” schreibt am 2./3. Juni über Schäuble: Er steht für sich, und niemand würde daran zweifeln, dass er das Amt des Bundespräsidenten könnte. Obamas Slogan machte seinen Weg in Steinmeiers Werbekampagne zur Bundestagswahl: „Yes, he can Kanzler”, hieß es damals. Das ist schon falsches Englisch. „Können” respektive „can” ist im Deutschen wie im Englischen ein Modalverb. Das ZDF tat sein Übriges und brachte eine Unterhaltungssendung mit dem Titel „Ich kann Kanzler” ins Programm. Der Satz in der „Süddeutschen” lässt zweierlei Deutungen zu. Entweder erleben wir eine Veränderung unserer Sprache, so dass Menschen jetzt politische Ämter können können, ohne dass es eines Infinitivs bedarf, der das Was näher bestimmt. Die Frage, ob eine nähere Bestimmung überhaupt möglich ist und ob es ihrer bedarf, lässt unsere Kanzlerin derzeit offen. Womit wir bei der zweiten Deutung wären: Es könnte sich um Humor handeln. Meine sprachlichen Gewohnheiten jedenfalls bewegen mich dazu, das fehlende Verb im Kopf zu ergänzen. Kann Schäuble Bundespräsident tanzen, auch wenn er nicht auf einer Waldorfschule war? Friday, 15. January 2010OrientierungslosEin Schmankerl aus einem FTD-Bericht über Griechenland: Um so putziger wirkt es dann, wenn ein irischer Rentenstratege einer französischen Bank griechischen Anleihen ein starkes erstes Halbjahr 2010 prophezeit, da das Land ungerechtfertigt bestraft würde, man Fortschritte sähe und die neue Regierung sich noch beweisen wolle. Das ist entweder sehr bildhafte Sprache, die eine um ein H gottgleiche Tätigkeit beschreibt, die Schlussredaktion hat geschlafen, oder sie wurde durch eine weniger aufmerksame automatische Rechtschreibprüfung ersetzt. Kann passieren. Aber folgendes lässt mich grübeln: Schließlich verlangt die Regierung eine fast 180-prozentige Kehrtwende innerhalb nur weniger Monate von ihnen. In einem Tortendiagramm sind 180 % einmal rum und 288°. Wo will die Regierung hin? Wednesday, 30. September 2009Ende der Krise„SPIEGEL ONLINE” ist sich für Schlagzeilen nie zu schade. Heute brechen die Aufträge im deutschen Maschinenbau um 43% ein. Und das „zum elften Mal in Folge”. Wenn man das so liest, könnte man den Eindruck gewinnen, der deutsche Maschinenbau würde nur noch aus einer kleinen Butze in Hintertupfingen bestehen. Wenn man berücksichtigt, dass es um die Zahlen vom August im Vorjahresvergleich geht, sieht das alles gleich weniger schlimm aus. Man muss „SPIEGEL ONLINE” zugestehen, dass das auch so im Text steht, irgendwo zwischen Attributen wie „desaströs”, „massiv” und „rasant”. Den großen Einbruch hatten wir im Verlauf des vierten Quartals 2008 im Zusammenhang mit der Pleite der Lehman Brothers. Seitdem bringt „SPIEGEL ONLINE” jeden Monat so eine Horrormeldung. Tatsächlich ist es so, dass der Auftragseingang dieses Jahr auf niedrigem Niveau verharrt. Würde man das jeden Monat auch so formulieren, wäre die Meldung ungefähr so erfrischend wie die Mitteilung eines Beifahrers an den Fahrer: „Es ist immer noch rot!” Es handelt sich bei dem Artikel eben nicht um eine Meldung, sondern um Effekthascherei, um nicht zu sagen Panikmache. Eins jedoch finde ich erfreulich: Nach der Logik von „SPIEGEL ONLINE” ist die Krise in Kürze vorbei. Zwar werden die Auftragseingänge weiter auf niedrigem Niveau verharren, in den Zahlen (die „SPIEGEL ONLINE” verwendet) wird sich das aber nicht mehr niederschlagen. Sunday, 20. September 2009Die Angst vor den drei UInzwischen macht sich auf den Aktienmärkten die Sorge breit, die Aktien könnten inzwischen schon ein wenig hoch bewertet sein. Spiegel online kolportiert bezugnehmend auf Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, wir würden es mit drei „U” zu tun bekommen! Um das zu erklären: Leute, die zu viel mit Geld zu tun haben, sehen Buchstaben in den Börsenkursen. Manche glauben, die Aktienindizes würden in dieser Krise wie ein „V” verlaufen, andere erwarten einen zweiten Einbruch, so dass man hinterher sowas ein „W” erkennen kann. Manche glauben, es werde bei einem Einbruch bleiben, der aber lange anhalte. Das bezeichnen sie dann als „U”. Walter glaubt nun, dass es auf drei „U” hinauslaufen werde. Wer sich Walters Optimismus zueigen machen möchte, der spreche das einfach mal aus: „Uuu!” Was ist dran an Walters Sorgen? Nach seiner Darstellung befinden wir uns im rechten Teil des ersten „U”. Das nächste „U”, also den nächsten Einbruch, erwartet er infolge steigender Arbeitslosenzahlen. Das würde mich überraschen. Entlassungen werden eigentlich immer als gute Nachrichten für die Unternehmen bewertet, die damit ihre Kostenstruktur bereinigen. Das führt zu steigenden Aktienkursen. Natürlich wirken sich steigende Arbeitslosenzahlen negativ auf die Nachrfage nach Konsumgütern aus. Nur hat der Konsumweltmeister USA den Arbeitsplatzabbau weitestgehend hinter sich. In Europa sind die Sozialsysteme in der Lage, den Nachfragerückgang zu dämpfen. Deutschland als exportorientiertes Land wird dadurch ohnehin weniger betroffen sein. Das dritte U erwartet Walter, wenn die Zentralbanken die Geldmenge wieder reduzieren. Sowas hatten wir schon mal. Beim letzten mal hat das dazu geführt, dass amerikanische Häuslebauer ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen konnten. Das war der erste Strich des Börsenbuchstaben, den wir gerade malen. Wenn wir die Zinswende sehen, können wir getrost von einem neuen Konjunkturzyklus (für Analysten: Chartbuchstaben) sprechen. In einer Sache schließe ich mich Walters Prognosen an: Ich erwarte auch eine Korrektur an der Börse, wenn auch aus einem ganz anderen Grund. Ich glaube, dass die Aktienkurse in letzter Zeit stark von psychisch getrieben waren. Die Anleger hatten Angst, den Aufschwung zu verpassen. Inzwischen sind die Kurse fundamental überbewertet, so dass sich Unsicherheit einschleicht, auch das ist zum Teil ein psychisches Phänomen. Der Abwärtstrend wird aber höchstens anhalten, bis die Unternehmen nach der Bundestagswahl ihre Kostenstruktur konsolidieren, also Arbeitsplätze abbauen. Dann haben die steigenden Kurse eine fundamentale Grundlage. Dass die knapperen Produktionskapazitäten dann zu steigenden Preisen führen, die die Zentralbanken zwingen, die Geldmenge zu reduzieren, ist das bekannte Spiel der Konjunktur.
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