Sunday, 30. October 2011
Die G20 planen einmal wieder den großen Wurf. Anders als Attac habe ich gar nichts dagegen, dass die Jungs und Mädels sich mal unterhalten. Täten sie nur am Ende auch mal was für die kleinen Leute, und nicht nur für die großen Konzerne. Vor dem Hintergrund der weltweit sich verfestigenden Occupy-Bewegung könnte dieses mal am Ende vielleicht doch etwas herauskommen. Mir schwebt ja eine Finanzmarktunion vor, organisiert vielleicht nach dem Vorbild des Rates der Europäischen Union, angesiedelt möglicherweise bei den Vereinten Nationen. Die demokratische Legitimation ist mir da erstmal fast egal, wichtiger ist es, dass die Politik endlich die Macht über das Kapital zurückgewinnt. Diese Union
- legt eine minimale Finanztransaktionssteuer fest, die die Mitgliedsstaaten erheben müssen,
- legt einen Rahmen für die Eigenkapitalregeln für Banken fest,
- gibt regulatorische Rahmenbedingungen wie etwa eine Börsenpflicht bestimmter Finanzprodukte vor und
- verpflichtet ihre Mitglieder zur Kapitalverkehrskontrolle, um Kapitalabflüsse in Drittstaaten, nämlich Finanzoasen, die eine Mitgliedschaft ablehnen, zu unterbinden.
Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen denkbar. Bonuszahlungen sind mir dabei völlig egal. Sobald der Finanzsektor auf ein volkswirtschaftlich sinnvolles Maß zurechtgestutzt ist, wird dafür eh kein Geld mehr über sein.
Ja, und ich pfeife in dem Punkt auf die Souveränität der Nationalstaaten. Was nützt die unter der Knute der Finanzmärkte?
Der Beitritt zur Union sollte jedem Land offenstehen.
Wednesday, 26. October 2011
Wenn ich einmal bei Möbel Kraft kaufe, sage ich, dass ich keine Gutscheine habe. Dann bekomme ich den Rabatt auch so eingeräumt. Das war schon bei meinem Jugendzimmer so, auf das es gegen ein wenig Lamentieren Rabatt gab. Heute habe ich Gutscheine von Möbel Kraft bekommen. Ich brauche die nicht. Ich trage die zum Altpapier. Deshalb hatte ich Möbel Kraft schon am ersten April gebeten, mir keine Gutscheine mehr zu schicken. Ich war mir sicher, dass ich das getan hätte, denn ich habe ja einige Zeit lang keine Gutscheine mehr erhalten. Ich lag richtig, das genaue Datum habe ich eben an der Hotline erfahren. Die freundliche Mitarbeiterin teilte mir mit, dass eine Kollegin am ersten April das Häkchen gesetzt habe, dass ich keine Post mehr haben wolle. Darüber hinaus erfuhr ich, warum ich trotzdem Post bekommen habe: Nach Auskunft von Möbel Kraft ist es die „Deutsche Post Direkt GbmH“, deren Abteilung „Datenservice“ meinen Wunsch, unbelästigt zu bleiben, ignoriere. Das nenne ich einmal einen schönen Anwendungsfall für § 34 und § 35 Bundesdatenschutzgesetz. Da lassen sich möglicherweise mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Update 28.11.2011: Mir fällt gerade auf, dass die Telefonzentrale sehr gut informiert war. Ohne weiterzustellen konnte man mir das Datum meines letzten Anrufs und die Adresse der Deutsche Post Direkt GmbH sagen. Postfachnummer eingeschlossen. Das wird kein Zufall gewesen sein.
Saturday, 15. October 2011
Die schreiben eh nur Dreck. Aha, die Frau ist weg.
Wednesday, 12. October 2011
„Klappt der Solidarausgleich doch? Statistiken belegen zumindest, dass Menschen mit Top-Gehältern den Finanzämtern ordentlich Einnahmen bringen.“ schreibt „Spiegel Online“ und lässt die Frage offen. Der Titel „Topverdiener zahlen ein Viertel der Lohnsteuer“ und der einführende Satz: „Wenige zahlen für die Masse mit“ legen jedenfalls nahe, dass der Spiegel das bejahen würde.
Nehmen wir 10 Bürger, die 10.000, 20.000 usw. bis 100.000 Euro verdienen. Als Steuersystem nehmen wir eine Flat-Tax von 10 % an, das heißt, dass jeder den gleichen Steuersatz bezahlt. Es gibt keine Freibeträge. Das Steuersystem wäre dann extrem einfach, aber auch wenig solidarisch. Dann würden 10 % der Menschen 100.000 von 550.000 Euro Einkommen erzielen, also etwa 18 %, und auch etwa 18 % der Steuer zahlen, nämlich 10.000 von 55.000 Euro. Es liegt also in der Natur der Sache einer prozentualen Steuer, dass Gutverdienender einen höheren Anteil tragen. Nehmen wir das gleiche System mit 100 Personen: eine verdient 250.000 Euro, alle anderen 7575,76 Euro. Dann beträgt das Gesamtsteueraufkommen etwa 100.000 Euro und 1 % der Steuerzahlen zahlen 25 % der Steuer. Dummerweise entfallen aber gleichzeitig 25 % des Einkommens auf 1% der Steuerzahler.
Ursache für die so fair wirkenden Zahlen kann also auch eine krasse Ungleichverteilung der Einkommen sein, einer scheinbaren Gerechtigkeit kann also eine schreiende Ungerechtigkeit zugrunde liegen. Die Angabe, dass nur 1 % der Steuerzahler über 172.000 Euro verdienen, deutet darauf hin, dass es genau so ist. Zahlen, die die Verhältnisse nachvollziehbar machen, nennt „Spiegel Online“ leider nicht.
Darüber hinaus bleibt der Artikel hinter der Dachzeile „Deutsches Abgabensystem“ zurück. Denn betrachtet man statt der Lohnsteuer das ganze Abgabensystem, dann sieht es wirklich übel aus. Während im Bereich der Lohnsteuer noch Progression angewendet wird, der Spitzensteuersatz beträgt 45 % plus Soli, gibt es für Kapitaleinkünfte eine Flat-Tax von 25 % plus Soli. Wer ohne sich krumm zu machen Geld mit seinem vielen Geld verdient, wird also steuerlich bevorzugt. In den Sozialsystemen haben wir zudem Beitragsbemessungsgrenzen. Die deutschen Sozialversicherungen funktionieren wie die unsolidarische Flat-Tax, nur dass die Beiträge gedeckelt werden. Das Verfahren ist also noch einmal unsolidarischer. Beide Abgaben sind übrigens alles andere als unerheblich.
Auch wenn der Artikel aus Agenturmeldungen zusammengestrickt ist, denke ich, „Spiegel Online“ gut daran getan hat, die eingangs genannte Frage unbeantwortet zu lassen. Sie zu beantworten, hätte es ja eigener Recherche und einer Bewertung bedurft.
Update 16.10.2011: Ich habe Zahlen. In den „Tagesthemen“ vom 15. Oktober 2011 sagt der Soziologe Michael Hartmann, dass sich 36 % des Vermögens auf 1% der Bevölkerung konzentrieren würden. Nun lassen sich Einkommen und Vermögen nicht direkt vergleichen, aber die Werte sind erschütternd. Ich betone noch einmal, dass sich die Zahlen des „Spiegels“ auf Arbeitseinkommen beziehen. Kapitalerträge werden für Wohlhabende günstiger behandelt. Und eine Vermögenssteuer wird seit 1997 in Deutschland nicht mehr erhoben.
Friday, 7. October 2011
Tirilo, tirila
Dem siebten Himmel nah
Wednesday, 5. October 2011
„Apple-Fans, nun haltet endlich mal die Luft an“, übertitelt Andrea Rungg ihren Kommentar für die FTD und setzt in der Einleitung fort: „Nicht weniger als eine Revolution verlangen die Kunden von jedem neuen Produkt des Konzerns.“ Ich sehe hier ein Beispiel für eine Geschichte, die sich die Medien herbeihalluzinieren. Wenn ich einmal mithalluziniere, dann sehe ich zehntausende iPhone-verliebte, die von der Apple-Zentrale in Cupertino ihre Zelte aufgeschlagen haben, um via Twitter von der Konzernführung ein Weltwunder einzufordern, so im Tahir-Platz-Style.
Gewiss, das iPhone war eine spektakuläre technische Neuerung, wenngleich die Zeit reif dafür war. Gleiches galt vorher schon für das iPod. Weniger gilt das für das iPad. Das war keine Neuerung. Apple hat dort nur noch eine alte Idee im richtigen Kontext zum richtigen Zeitpunkt aufgegriffen. Der Medienhype war ihnen sicher. Schließlich sitzen die Redakteure ja nicht weit weg von den kreativen Grafikern und Illustratoren, die seit Jahrzehnten mit Produkten aus dem Hause Apple arbeiten – und zu recht seit eh und je überzeugt von ihrem Arbeitsgerät sind, weil es seinen Zweck hervorragend erfüllt. Ich weiß nicht, was in so einem Redakteur vorgeht, wenn er, nachdem Apple seine Zielgruppe Grafikdesigner zuerst um Musikfreunde und dann um Mobiltelefonierer erweitert hat, plötzlich ein Gerät einer Marke in der Hand halten darf, die der Chef vorher nur für die Künstler nebenan vorgesehen hatte. Aber es scheint irgendeinen Trieb zu wecken. Anders kann ich mir die Ergüsse nicht erklären, mit den denen die Presse-Profis und seit Jahren die Seiten vollschmieren. Steve Jobs ist krank, Steve Jobs ist gesund, Steve Jobs war gesund obwohl alle gesagt haben, er wäre krank, morgen wird ein wahrscheinlich ein neues iPhone präsentiert, heute wurde das neue iPhone präsentiert, Steve Jobs hat einen ganz normalen Pulsschlag, das neue iPhone funktioniert nur mit Gummihülle usw. usf.
Also, ganz ruhig, Frau Rungg (und alle anderen), die Entzugserscheinungen gehen auch wieder weg. Anschließend merken Sie dann vielleicht, dass das alles nur ein schlimmer Traum war und eigentlich gar nichts passiert ist. Und dass Ihre Leser vermutlich kein Problem haben, wenn Sie Ihrer Droge entsagen. Und nein, ich habe auch diesen Artikel nicht gelesen. Dafür habe ich auch gar keine Zeit, ich muss Kinder beim Handybauen bewachen.
Wednesday, 28. September 2011
Tuesday, 27. September 2011
Weil die Piratenpartei mehr Transparenz in der Politik fordert, macht sich Ulrike Sosalla von der „Financial Times Deutschland“ Sorgen um ihre Privatsphäre. Das ist verständlich. Denn das Unbekannte macht immer ein wenig Angst. Und Sosalla schreibt in haarsträubender Unkenntnis des Themas. Da fällt es dann auch leicht, die Befürworter größerer Transparenz gleich als erstes mit dem Kampfbegriff „Gutmenschen“ abzukanzeln. Das ist hübsch gebrüllt, hilft aber der gehaltlosen Argumentation nicht auf die Beine.
„Transparenz muss ihre Grenzen haben“, lautet ihr Credo und der Titel ihres Kommentars. So möchte sie Einblickmöglichkeiten in Geheimdienste „nicht um den Preis von Vorratsdatenspeicherung und Fluggastdatenübermittlung.“ – Wenn sie es sich, nach ihren Worten, so recht überlegt. Ich kommen auch nach einigem Überlegen nicht darauf, wie Vorratsdatenspeicherung und Fluggastdatenübermittlung zur Transparenz unserer Geheimdienste beitragen könnten. Sosalla wirft hier zwei Dinge durcheinander: Das Wissen des Volkes über den Staat und das Wissen des Staates über das Volk. Ich weiß nicht, wie lange die stellvertretende Ressortchefin Politik das Geschehen um die Piratenpartei schon beobachtet. Deswegen sei mir der Hinweis erlaubt, dass einer der bekanntesten Slogans der politischen Newcomer lautet: „Transparenter Staat statt gläserner Bürger“.
Ganz unbekannt sind ihr diese feinen Unterschiede aber dann doch nicht. So zeigt sie sich ihrem Staat dankbar, indem sie feststellt, dass das Briefgeheimnis „sogar“ im Grundgesetz stehe. Ganz richtig erkennt sie, dass die Grundrechte den Bürger vor dem Staat schützen und treffend stellt sie auch den Zusammenhang mit dem Recht auf Informationelle Selbstbestimmung her, das das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil aus den Grundrechten abgeleitet hat. Wozu also die vielen Worte um Vorratsdatenspeicherung und Fluggastdatenübermittlung?
Ich vermute, Sosalla möchte es ein wenig menscheln lassen, Betroffenheit erzeugen. Darauf deutet auch ihre Feststellung hin, es sei sinnvoll, „den Innenminister [sic!] auch vor den Transparenzidealen seiner Bürger zu schützen [...]“. Sie legt eine spannende Begründung nach: „[...] nach außen muss er [der Staat] sich gegenüber einer Menge anderer Staaten behaupten, von denen einige stärker und skrupelloser sind als die eher zahme Bundesrepublik.“ Ich hoffe, man unterstellt mir keine Arroganz, wenn ich behaupte, ich hätte dazu einen besseren Vorschlag. Ich würde anstelle einer Verringerung der Transparenz im Innenministerium zu dem Zweck eher einen neuen Außenminister empfehlen.
Ich fasse zusammen: Damit das zarte Pflänzlein Deutschland nicht von wilden Staaten zermalmt wird und weil die Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig ist, müssen wir den Innenminister vor zu viel Transparenz schützen. So etwa verstehe ich Sosallas Argumentation.
Sosalla spricht sich nicht pauschal gegen Transparenz aus, sondern fordert eine Debatte über ihre Grenzen. Es ist schade, dass Sosalla dabei zuerst Angst vor der Veränderung schürt oder sie, je nach Lesart, zum Ausdruck bringt, statt die laufende Debatte aufzugreifen und zu bereichern. Die ist nämlich schon reichlich fortgeschritten und in Form des Informationsfreiheitsgesetzes rechtliche Realität. Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis reicht um zu sehen, wo der Gesetzgeber der Transparenz Grenzen setzt. Das Bundesverfassungsgericht hat obendrein mit dem von Sosalla genannten Urteil eine obere Schranke für staatliche Transparenz festgelegt, nämlich dort, wo das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung des Bürgers berührt wird. Es ist also kaum denkbar, dass irgendwann polizeiliche Ermittlungsakten oder Steuerbescheide ins Internet gestellt werden müssen. Wünschenswert wäre das nach meiner Meinung hingegen für Verträge der öffentlichen Hand. Dem Geheimhaltungsinteresse der Unternehmen kann genüge getan werden, indem etwa Informationen zur technischen Umsetzung eines Projektes in nichtöffentliche Anhänge ausgelagert werden. Schon die Drohung, dass jemand das liest, könnte beispielsweise Vertragskonstruktionen wie die zur Elbphilharmonie unterbinden.
Zum Abschluss habe ich noch eine beruhigende Nachricht für Sosalla. Sie wird ihr Gehalt nicht ihrem Nachbarn offenbaren müssen. Das hat nämlich noch weniger mit der Sache zu tun. Hier geht es um die Rechte der Bürger untereinander und gar nicht mehr um das Verhältnis von Staat und Bürger.
Saturday, 24. September 2011
Von den Wirtschaftsvertretern und Personalverwaltern tönt es seit spätestens den 90er Jahren, dass der Mensch flexibel sein müsse, wenn er auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben wolle. Gar nicht flexibel hingegen zeigte sich die Industrie im letzten Jahr, als die Winterstiefel ausgingen und sich auch keine neuen liefern ließen, so dass das Volk Eiseskälte und Schneeplage ungeschützt ausgesetzt war. Selbst Globetrotter sagte mir zunächst eine Lieferung zu, musste am Ende aber doch passen. Die Qualen des letzten Winters noch im Gedächtnis habe ich mich also wiederum flexibel gezeigt und bei 20 °C Außentemperatur Winterstiefel besorgt. Hoffentlich erinnere ich mich im Dezember noch, wo ich den Karton hingestellt habe und dass ich die Stiefel noch imprägnieren soll.
Saturday, 27. August 2011
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