Laut Wiktionary ist Verantwortung die „(Selbst-)Verpflichtung für eine Sache oder Person; Bereitschaft, für seine Handlungen einzustehen“. Kurz nach der Bundestagswahl sind die Medien voll mit Nachrichten, dass Politiker Verantwortung übernähmen. Irritierenderweise sind diese unter anderem Mitglieder der FDP, also einer Partei, die ja nicht einmal Sitze im Bundestag gewonnen hat. Die Irritation klärt sich, wenn man „Verantwortung übernehmen“ als Euphemismus für „die Schuld auf sich nehmen“ versteht, was in der Konsequenz heißt, dass die Politiker für ihre Handlungen einstehen, weil sie gerade die Verantwortung tragen, zurücktreten und die Verantwortung wie einen Staffelstab an einen Nachfolger abgeben.
Man mag mich spitzfindig nennen. Aber ich bin ja auch noch nicht fertig. Die Betrachtung wirft ein interessantes Schlaglicht auf darauf, wie Verantwortung in der Politik verstanden wird. Deutlich wird das, wenn man den Gebrauch des Begriffs in einen anderen Zusammenhang bringt. Man stelle sich einmal vor, Eltern übernähmen Verantwortung, indem sie nach einer gescheiterten Erziehungsmaßnahme ihr Kind zur Adoption freigeben. Oder man denke an einen Angestellten, der Mist gebaut hat und nun mit den Worten „ich übernehme die Verantwortung für den Vorfall“ seinem Chef die Kündigung überreicht. Auch schön: der Kellner, der einen Gast mit Suppe übergießt, mit den Worten: „Ich übernehme die Verantwortung“ den Kittel abstreift und Feierabend macht.