„Focus online“ berichtet, die Kioske stürben langsam aus, und lässt einen Kioskbetreiber die Überlebenschancen seines Geschäfts mit der Worten bewerten: „Wir haben keine Antworten hier.“ Das klingt dramatisch. Autor Johannes Schmitt-Tegge hat es mit dem Artikel „langsam“ schon besser getroffen, falls dieser nicht ohnehin von der DPA stammt, die als weitere Quelle angegeben ist. Glaubt man nämlich seinen Zahlen, muss man sich Fragen, warum er überhaupt berichtet. Bliebe es nämlich ausgehend vom heutigen Bestand von 24.730 Läden bei einem Rückgang von 200 Stück im Jahr, dann würde erst in mehr als 120 Jahren der letzte Kiosk schließen. Nach 150 Jahren, die Kioske nach Angaben von „Focus online“ unsere Städte bereichert haben, wäre also ungefähr Halbzeit für diese Form des Einzelhandels.
Bevor unsere Journaille sich jetzt aufgrund meiner Zahlenspiele aufgefordert fühlt, zu melden, der letzte Kiosk in Deutschland schließe im März 2125, möchte ich den Hinweis nicht unterlassen, dass nicht auszuschließen ist, dass etwa eine gesellschaftliche Entwicklung oder ein neues Marktgleichgewicht die Entwicklung bremst oder gar stoppt oder dass zwischenzeitlich der steigende Meeresspiegel ein Drittel der der Läden vor die Küste verlegt. Die Berechnungen sollen allein den Nachrichtenwert des von „Focus online“ verbreiteten Artikels dokumentieren.
Ein recht sicheres Zeichen für eine Nullnachricht ist übrigens, dass der letzte Satz der Einleitung mit „doch“ beginnt. Um Spannung zu erzeugen, versucht der Redakteur damit einen Kontrast vorzugaukeln oder zu überzeichnen, den die Meldung selbst nicht hergibt. Hier hört man also am besten auf zu lesen. Weitere Signalwörter an dieser Stelle sind „ausgerechnet“ und „trotzdem“. Viel Spaß beim Überprüfen!