Dass Politiker gelegentlich hohle Phrasen von sich geben oder auch mal proaktiv deutlich machen, dass sie die Bodenhaftung gänzlich verloren haben, sind wir ja gewöhnt. Merkel uns heute ein ganz besonders kompaktes Stück Irrsinn geliefert: „Wir weigern uns, die Pleite Griechenlands anzuerkennen.“ Das könnte im Geiste europäischer Solidarität heißen: Wir werden nicht zulassen, dass Griechenland pleite geht. Oder im Sinne von Russisch Inkasso (oder der „Bild“-Zeitung): Egal ob Griechenland pleite ist, es wird zahlen.
Viel wahrscheinlicher ist aber eine andere Variante. Griechenland ist pleite, Merkel weiß es, verdrängt aber die Realität. Und das tut sie so effektiv, dass sie nicht einmal merkt, wenn sie das offen zur Schau stellt. Das ist konsequent. Auf Verdrängung fußte schon die Idee des freiwilligen Schuldenschnitts, bei dem die Banken vor Freude jauchzend auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Durch die Freiwilligkeit sollte verhindert werden, dass ein Kreditereignis, also die formale Pleite eintritt. Den kleinen, realitätsentstellenden Winkelzug haben damals leider gerade diejenigen bemerkt, denen der Bluff galt.
Vielleicht ist Merkel aber auch ein Genie, das in einem Satz den Griechen Solidarität, dem deutschen Steuerzahler die Schonung seines Geldbeutels und den Finanzmärkten die Rückzahlung der Kredite versprechen kann, um so die Märkte und das politische Klima zu beruhigen. Mich beruhigt das eher nicht. Trotzdem hoffe ich, dass ich ihr das jetzt nicht kaputt gemacht habe und drücke ganz fest die Daumen.
An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich meinen Leser grüßen.