„Apple-Fans, nun haltet endlich mal die Luft an“, übertitelt Andrea Rungg ihren Kommentar für die FTD und setzt in der Einleitung fort: „Nicht weniger als eine Revolution verlangen die Kunden von jedem neuen Produkt des Konzerns.“ Ich sehe hier ein Beispiel für eine Geschichte, die sich die Medien herbeihalluzinieren. Wenn ich einmal mithalluziniere, dann sehe ich zehntausende iPhone-verliebte, die von der Apple-Zentrale in Cupertino ihre Zelte aufgeschlagen haben, um via Twitter von der Konzernführung ein Weltwunder einzufordern, so im Tahir-Platz-Style.
Gewiss, das iPhone war eine spektakuläre technische Neuerung, wenngleich die Zeit reif dafür war. Gleiches galt vorher schon für das iPod. Weniger gilt das für das iPad. Das war keine Neuerung. Apple hat dort nur noch eine alte Idee im richtigen Kontext zum richtigen Zeitpunkt aufgegriffen. Der Medienhype war ihnen sicher. Schließlich sitzen die Redakteure ja nicht weit weg von den kreativen Grafikern und Illustratoren, die seit Jahrzehnten mit Produkten aus dem Hause Apple arbeiten – und zu recht seit eh und je überzeugt von ihrem Arbeitsgerät sind, weil es seinen Zweck hervorragend erfüllt. Ich weiß nicht, was in so einem Redakteur vorgeht, wenn er, nachdem Apple seine Zielgruppe Grafikdesigner zuerst um Musikfreunde und dann um Mobiltelefonierer erweitert hat, plötzlich ein Gerät einer Marke in der Hand halten darf, die der Chef vorher nur für die Künstler nebenan vorgesehen hatte. Aber es scheint irgendeinen Trieb zu wecken. Anders kann ich mir die Ergüsse nicht erklären, mit den denen die Presse-Profis und seit Jahren die Seiten vollschmieren. Steve Jobs ist krank, Steve Jobs ist gesund, Steve Jobs war gesund obwohl alle gesagt haben, er wäre krank, morgen wird ein wahrscheinlich ein neues iPhone präsentiert, heute wurde das neue iPhone präsentiert, Steve Jobs hat einen ganz normalen Pulsschlag, das neue iPhone funktioniert nur mit Gummihülle usw. usf.
Also, ganz ruhig, Frau Rungg (und alle anderen), die Entzugserscheinungen gehen auch wieder weg. Anschließend merken Sie dann vielleicht, dass das alles nur ein schlimmer Traum war und eigentlich gar nichts passiert ist. Und dass Ihre Leser vermutlich kein Problem haben, wenn Sie Ihrer Droge entsagen. Und nein, ich habe auch diesen Artikel nicht gelesen. Dafür habe ich auch gar keine Zeit, ich muss Kinder beim Handybauen bewachen.