Ich habe hier gefragt, wozu die Verlage ein Leistungsschutzrecht brauchen. In § 85 UrHG werden, anders als ich damals behauptet habe, die Rechte des Verwerters geschützt. Die Herstellung eines Tonträgers wird hier unter besonderen Schutz gestellt. Der Begriff der Leistungsschutzrechte ist also doch etwas umfassender, als ich annahm.
Sinn dieser Regelung ist es vermutlich, den Verwertern die Möglichkeit zu geben, aus eigener Initiative gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Da stehen die Verlage zur Zeit nämlich vor einem Problem. Da die Urheber, oft freie Journalisten, ihre Werke an mehrere Verwerter lizenzieren können, sind sie in einer sehr schwachen Position, wenn sie gegen Rechtsverletzungen vorgehen wollen.
Früher, in Zeiten der gedruckten Zeitung, gab es das Problem nicht. Zwar konnte man die Druckerzeugnisse auf den Kopierer legen. Davon ging aber keine Gefährdung des Geschäftsmodells der Zeitungen aus. Die Kopierkosten waren hoch, und um die Aktualität war es bei der Form der Weitergabe schlecht bestellt. Heute können die Texte per Copy & Paste oder gar automatisch weiterverbreitet werden. Die Verlage sagen offen, dass die bei Google News Gewinne abschöpfen möchten. Und man munkelt, sie wollten gegen Blogger vorgehen.
Um bezüglich des geforderten Leistungsschutzrechtes für Presseverlage zu einem Standpunkt zu kommen, sind einige Fragen zu beantworten. Schaden oder nützen News-Aggregatoren den Verlagen? Einerseits bringen sie ihnen Klicks, andererseits konkurrieren sie um die Werbekunden. Wie weit soll das Zitatrecht gehen? Einerseits ist es wichtig, dass Blogger ihre Meinung äußern und dabei Bezüge herstellen. Andererseits ist es nicht hinzunehmen, wenn Dritte sich die Leistungen der Verlage durch einfaches Kopieren zu eigen machen. Wie wollen wir darauf, dass die Digitalisierung der Medien das Kopieren so vereinfacht hat, reagieren? Muss das Urheberrecht verschärft werden, um diejenigen zu schützen, die die Leistung erbringen? Oder sollte umgekehrt das Zitatrecht gestärkt werden, um den Meinungspluralismus und den gesellschaftlichen Diskurs zu befeuern? Ist das Urheberrecht in seiner jetzigen Form überholt und realitätsfern, oder ist es eher als zahnlos in einer Welt des Internets zu bezeichnen?
Mir geht es in dieser Diskussion weniger um einen fairen Ausgleich zwischen Verlagen, Bloggern und Suchmaschinen, sondern mehr um das Gemeinwohl. Die in einem Artikel auf „Spiegel Online” beschriebene Explosion des Wissens, die zur Industrialisierung Deutschlands geführt habe, habe nach Eckhard Höffner das in Deutschland schwach ausgeprägte Urheberrecht als Ursache gehabt. Solche Untersuchungen sollte man mindestens als Indiz nehmen, dass man aufpassen sollte, unsere Kultur nicht in Regeln zu ersticken. Privilegien, die einmal geschaffen wurden, lassen sich nur schwer wieder beseitigen.